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Die Schwerbehinderung im Arbeitsrecht

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Schwerbehinderung

Die Schwerbehinderung ist ein zentrales Thema des Sozialrechts und des Arbeitsschutzes. Sie bezeichnet einen besonderen Status von Arbeitnehmern, die aufgrund einer Behinderung mit einem Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 als schwerbehindert gelten. Dieser Status gewährt den Betroffenen besondere Rechte und Schutzmaßnahmen im Arbeitsleben, die im Sozialgesetzbuch IX (SGB IX) verankert sind.


Die rechtliche Grundlage für den Schutz schwerbehinderter Menschen im Arbeitsleben basiert auf dem Grundsatz der Nichtdiskriminierung, wie er in Artikel 3 Absatz 3 des Grundgesetzes festgeschrieben ist. Ziel der arbeitsrechtlichen Regelungen zur Schwerbehinderung ist es, die Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben zu fördern und ihre berufliche Integration zu unterstützen.


Arbeitgeber sind verpflichtet, schwerbehinderte Menschen zu beschäftigen und ihre Arbeitsplätze behinderungsgerecht zu gestalten. Gleichzeitig genießen schwerbehinderte Arbeitnehmer einen besonderen Kündigungsschutz und haben Anspruch auf zusätzliche Leistungen wie Zusatzurlaub. Die Regelungen zur Schwerbehinderung im Arbeitsrecht betreffen somit sowohl die Rechte der Arbeitnehmer als auch die Pflichten der Arbeitgeber.

Die Geschichte des Schwerbehindertenrechts in Deutschland reicht bis in die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg zurück. Mit dem "Gesetz über die Beschäftigung Schwerbeschädigter" von 1923 wurde erstmals eine Beschäftigungspflicht für Arbeitgeber eingeführt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Schwerbehindertenrecht weiter ausgebaut, insbesondere durch das Schwerbehindertengesetz von 1974. Im Jahr 2001 wurde das Schwerbehindertenrecht in das neu geschaffene SGB IX integriert.


Definition und Grundlagen

Schwerbehinderung liegt vor, wenn bei einem Menschen ein Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 festgestellt wurde. Dies ist in § 2 Abs. 2 SGB IX definiert:


"Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben."


Gleichstellung

Menschen mit einem GdB von 30 oder 40 können schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz nicht erlangen oder nicht behalten können (§ 2 Abs. 3 SGB IX).


Die wichtigsten gesetzlichen Grundlagen für die Rechte schwerbehinderter Menschen im Arbeitsleben finden sich im SGB IX, insbesondere in den §§ 151-241. Ergänzend gelten die Regelungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG).


Beschäftigungspflicht

Arbeitgeber mit mindestens 20 Arbeitsplätzen sind verpflichtet, auf wenigstens 5 Prozent der Arbeitsplätze schwerbehinderte Menschen zu beschäftigen (§ 154 SGB IX). Bei Nichterfüllung dieser Quote ist eine Ausgleichsabgabe zu zahlen.


Zusatzurlaub

Schwerbehinderte Arbeitnehmer haben Anspruch auf einen bezahlten zusätzlichen Urlaub von fünf Arbeitstagen im Urlaubsjahr (§ 208 SGB IX).


Kündigungsschutz

Für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen durch den Arbeitgeber ist die vorherige Zustimmung des Integrationsamtes erforderlich (§ 168 SGB IX). Dies gilt für ordentliche und außerordentliche Kündigungen, sofern das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate besteht.


Behinderungsgerechte Arbeitsplatzgestaltung

Schwerbehinderte Menschen haben Anspruch auf eine behinderungsgerechte Einrichtung und Unterhaltung der Arbeitsstätten einschließlich der Betriebsanlagen, Maschinen und Geräte sowie der Gestaltung der Arbeitsplätze, des Arbeitsumfeldes, der Arbeitsorganisation und der Arbeitszeit (§ 164 Abs. 4 Nr. 4 SGB IX).


Teilzeitanspruch

Schwerbehinderte Menschen können eine Verringerung der Arbeitszeit verlangen, wenn dies wegen Art oder Schwere der Behinderung notwendig ist (§ 164 Abs. 5 SGB IX).


Prüfungspflicht bei der Stellenbesetzung

Bei der Besetzung freier Stellen sind Arbeitgeber verpflichtet zu prüfen, ob schwerbehinderte oder gleichgestellte behinderte Menschen beschäftigt werden können (§ 164 Abs. 1 SGB IX).


Förderung der Einstellung und Beschäftigung

Arbeitgeber haben die Pflicht, die Einstellung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen zu fördern und dafür zu sorgen, dass in ihren Betrieben und Dienststellen wenigstens die vorgeschriebene Zahl schwerbehinderter Menschen eine möglichst dauerhafte behinderungsgerechte Beschäftigung finden kann (§ 164 Abs. 1 SGB IX).


Benachteiligungsverbot

Arbeitgeber dürfen schwerbehinderte Beschäftigte nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligen (§ 164 Abs. 2 SGB IX).


Institutionen und Vertretungen

In Betrieben und Dienststellen, in denen wenigstens fünf schwerbehinderte Menschen nicht nur vorübergehend beschäftigt sind, wird eine Schwerbehindertenvertretung gewählt (§ 177 SGB IX). Sie vertritt die Interessen der schwerbehinderten Beschäftigten im Betrieb.


Inklusionsbeauftragter

Der Arbeitgeber bestellt einen Inklusionsbeauftragten, der ihn in Angelegenheiten schwerbehinderter Menschen verantwortlich vertritt (§ 181 SGB IX).


Integrationsamt

Das Integrationsamt ist eine wichtige Behörde für die Belange schwerbehinderter Menschen im Arbeitsleben. Es ist unter anderem zuständig für die Zustimmung bei Kündigungen und die Verwendung der Ausgleichsabgabe.


Praxis


Kündigungsschutz

Ein Unternehmen möchte einem schwerbehinderten Mitarbeiter aufgrund von Umstrukturierungen kündigen. Bevor die Kündigung ausgesprochen werden kann, muss das Unternehmen die Zustimmung des Integrationsamtes einholen. Das Integrationsamt prüft, ob die Kündigung mit der Schwerbehinderung in Zusammenhang steht und ob Alternativen zur Kündigung bestehen.


Arbeitsplatzanpassung

Eine schwerbehinderte Bürokauffrau mit einer Sehbehinderung benötigt spezielle Software und Hardware, um ihre Arbeit ausführen zu können. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, diese Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen, kann dafür aber finanzielle Unterstützung beim Integrationsamt beantragen.


Zusatzurlaub

Ein schwerbehinderter Arbeitnehmer mit einem Urlaubsanspruch von 30 Tagen hat zusätzlich Anspruch auf 5 Tage Zusatzurlaub. Sein Gesamturlaubsanspruch beträgt somit 35 Tage pro Jahr.



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FAQ - Schwerbehinderung

Ab wann gilt ein Arbeitnehmer als schwerbehindert?

Ein Arbeitnehmer gilt als schwerbehindert, wenn ein Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 festgestellt wurde (§ 2 Abs. 2 SGB IX). Arbeitnehmer mit GdB 30–49 können eine Gleichstellung beantragen, um ähnliche Schutzrechte zu erhalten (§ 2 Abs. 3 SGB IX).

Welche besonderen Rechte haben schwerbehinderte Arbeitnehmer?

Sie haben Anspruch auf Zusatzurlaub (§ 208 SGB IX), bevorzugte Einstellung, angemessene Arbeitsplatzausstattung und besonderen Kündigungsschutz. Zudem sind sie in der Regel von Mehrarbeit befreit, sofern sie dies beantragen (§ 207 SGB IX).

Gibt es einen besonderen Kündigungsschutz für Schwerbehinderte?

Ja, schwerbehinderte Arbeitnehmer dürfen nur mit Zustimmung des Integrationsamtes gekündigt werden (§ 168 SGB IX). Ohne diese Zustimmung ist die Kündigung unwirksam. Der Kündigungsschutz greift jedoch nur, wenn der Arbeitgeber vor der Kündigung oder innerhalb von drei Wochen danach von der Schwerbehinderung erfährt.

Muss ein Arbeitnehmer die Schwerbehinderung dem Arbeitgeber mitteilen?

Nein, es besteht keine generelle Pflicht, die Schwerbehinderung mitzuteilen. Wenn der Arbeitnehmer allerdings besondere Rechte oder Schutzmechanismen (z. B. Zusatzurlaub oder Kündigungsschutz) in Anspruch nehmen möchte, muss er den Arbeitgeber darüber informieren.

Welche Pflichten hat der Arbeitgeber gegenüber schwerbehinderten Arbeitnehmern?

Arbeitgeber sind verpflichtet, schwerbehinderten Beschäftigten einen leidensgerechten Arbeitsplatz bereitzustellen und angemessene Vorkehrungen zu treffen (§ 164 SGB IX). Unternehmen mit mindestens 20 Mitarbeitern müssen zudem mindestens 5 % schwerbehinderte Menschen beschäftigen. Bei Nichteinhaltung droht eine Ausgleichsabgabe (§ 154 SGB IX).

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