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ANWALT AUSSCHLUSSFRIST ARBEITSRECHT
Ausschlussfrist im Arbeitsrecht
Die Ausschlussfrist ist eine Spezialität im Arbeitsrecht, die oft nicht bekannt ist bei Arbeitnehmern. Als Ausschlussfrist, Verfallsklausel oder Verwirkungsklausel wird eine Regelung bezeichnet, bei der nach Ablauf einer Frist Rechte oder Ansprüche erlöschen und nicht mehr geltend gemacht werden können.
Die Auswirkungen sind äußerst gravierend: Mit Ablauf der Ausschlussfrist erlöschen Ansprüche und Rechte von Arbeitnehmer und Arbeitgeber, auch ohne deren Wissen. Die Regelung gilt für beide Parteien.
Häufig finden sich solche Klauseln am Ende eines Arbeitsvertrages, aber auch z.B. in Tarifverträgen. In Arbeitsverträgen kann pauschal auf einen Tarifvertrag verwiesen werden, an dessen Ende eine solche Klausel enthalten ist.
Der Sinn einer solchen Regelung besteht darin, Arbeitgebern und Arbeitnehmern schnell Rechtssicherheit und Klarheit zu geben, indem der Zeitraum z.B. für Nachforderungen von Leistungen, zeitlich eng begrenzt wird.
Erhalten Sie beispielsweise jedes Jahr im Juni Urlaubsgeld und wird dieses nicht ausgezahlt, müssen Sie eine Ausschlussfrist Ihres Arbeitsvertrags beachten und Ihren Anspruch rechtzeitig innerhalb der Ausschlussfrist geltend machen, trotz laufenden Arbeitsverhältnisses. Versäumen Sie die Frist, ist Ihr Anspruch auf Urlaubsgeld weg, d.h. verfallen. Eine Weiterverfolgung ist ausgeschlossen.
Ausschlussfristen bringen Ihre Ansprüche zum Erlöschen, auch ohne Ihr Wissen!
Informieren Sie sich deshalb rechtzeitig, um keine bösen Überraschungen zu erleben.
Wo sind Ausschlussfristen geregelt?
Ausschlussfristen finden sich als eigenständige Klausel am Ende eines Arbeitsvertrags oder sind in Tarifverträgen vereinbart. Tarifvertraglichen Ausschlussfristen gelten für den Arbeitnehmer dann, wenn der Tarifvertrag auf sein Arbeitsverhältnis anwendbar ist. Dies ist der Fall, bei arbeitsvertraglicher Inbezugnahme oder Allgemeinverbindlichkeit des Tarifvertrages. Damit es keine bösen Überraschungen gibt, raten wir, einen im Arbeitsvertrag genannten Tarifvertrag sich auf jeden Fall durchzulesen, ob Verfallregelungen enthalten sind.
Neben Verfallregelungen im Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag gibt es noch die Möglichkeit solche Verfallklauseln in eine Betriebsvereinbarung oder einen Sozialplan aufzunehmen.
Die verschiedenen Arten
Es gibt zwei Arten von Ausschlussfristen. Die einstufige und die zweistufige Ausschlussfrist. Der Unterschied besteht darin, dass bei der einstufigen Ausschlussfristen lediglich die Frist der rechtzeitigen Geltendmachung eingehalten werden muss. Bei der zweistufigen Ausschlussfrist ist zusätzlich, nach der Geltendmachung in der ersten Stufe, in einer zweiten Stufe nötig die Forderung aktiv zu verfolgen durch ein Gerichtsverfahren, d.h. eine Klage beim Arbeitsgericht.
Einstufige Ausschlussklauseln
Die einstufige Ausschlussklausel hat üblicherweise die Regelung, dass Ansprüche nach Fälligkeit innerhalb eines bestimmten Zeitraums gegenüber der anderen Vertragspartei in Textform geltend gemacht werden müssen. Textform bedeutet dabei, dass der Anspruch nicht schriftlich, d.h. nicht per unterschriebenem Brief geltend gemacht werden muss, sondern eine E-Mail, Mitteilung etc. ausreicht. Natürlich kann auch ein Brief geschrieben werden.
Ein Anruf reicht hingegen für eine „Geltendmachung“ nicht aus.
Ratsam ist aber eine Übermittlungsform zu wählen, die Ihnen eine Beweismöglichkeit bietet.
Vor Gericht müssen Sie beweisen können, dass Sie Ihre Ansprüche rechtzeitig geltend gemacht haben. Sorgen Sie daher für ein Beweismittel.
Zweistufige Ausschlussklauseln
Bei der zweistufigen Ausschlussfrist kommt zur ersten Stufe – schriftliche Geltendmachung der Forderung gegenüber der anderen Partei - hinzu, dass innerhalb einer weiteren – zweiten - Ausschlussfrist, also in einer zweiten Stufe zusötzlich eine Klage beim Arbeitsgericht erhoben werden muss. Der Beginn der zweiten Stufe wird richtet sich nach dem Wortlaut der Ausschlussfrist, und meist damit eröffnet, dass die Gegenseite entweder die Erfüllung ablehnt oder sich nicht innerhalb einer bestimmten Frist meldet.
Besondere Regeln
Anwalt einschalten - Unkenntnis schützt Sie nicht
Sie sollten die Ausschlussfristen, die auf Ihr Arbeitsverhältnis anwendbar sind, kennen. Wenn Sie Ausschlussfristen aus Unkenntnis nicht beachten und versäumen, verlieren Sie trotzdem Ihre Ansprüche, weil Ausschlussfristen auch gelten, wenn Sie nichts davon wissen. Auf Unkenntnis können Sie sich hier nicht berufen. Das Arbeitsgericht muss sogar von Amts wegen prüfen, ob Ausschlussfristen anzuwenden sind, d.h. die gegnerische Partei braucht sich also nicht einmal ausdrücklich auf die Ausschlussfrist zu berufen. Daher empfehlen wir Ihnen einen Anwalt einzuschalten, wenn Sie noch offene Ansprüche haben, damit Ihnen keine Fehler unterlaufen können.
Welche Ansprüche erfasst die Ausschlussklausel?
Bis zur Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts im November 2020 war es zulässig, einen pauschalen Verfall aller Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis zu vereinbaren, die binnen bestimmter Fristen geltend gemacht und eingeklagt werden mussten. Nach der bisherigen Rechtsprechung des BAG erfassten Klauseln mit dem Inhalt „alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“, grundsätzlich alle wechselseitigen gesetzlichen und vertraglichen Ansprüche, die die Arbeitsvertragsparteien aufgrund ihrer durch den Arbeitsvertrag begründeten Rechtsstellung gegeneinander haben. Erfasst waren damit auch Schadensersatzansprüche aus vorsätzlicher Vertragsverletzung und aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung (Leitsatz Ziffer 1, BAG 26.11.2020, 8 AZR 58/20).
Neue Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts 2020
Das Bundesarbeitsgericht hat sich bereits mehrfach mit dem Thema Ausschlussfristen und Ausschlussklauseln befasst. Jedenfalls zwei Entscheidungen hierzu sollten Sie kennen, weil auch Sie davon betroffen sein können.
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in 2020
Mit Urteil vom 26.11.2020 (8 AZR 58/20) hat das Bundesarbeitsgericht seine bisherige Rechtsprechung zu den Ausschlussklauseln geändert und entschieden, dass eine pauschale Ausschlussklausel wegen Verstoßes gegen § 202 Abs. 1 BGB nach § 134 BGB nichtig ist. Begründet wird dies damit, dass pauschale Ausschlussklauseln in vorformulierten Arbeitsverträgen auch Ansprüche wegen einer vorsätzlichen Vertragsverletzung und einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung erfassen. Damit verstossen sie gegen die Regelung in § 202 Abs. 1 BGB, worin geregelt ist, dass die Verjährung bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden kann. Dies Vorschrift erfasse - so das Bundesarbeitsgericht - nicht nur Vereinbarungen über die Verjährung, sondern auch Ausschlussfristen.
Mit diesem Urteil des Bundesarbeitsgerichts steht somit fest, dass Ansprüche aus vorsätzlicher Vertragsverletzung und vorsätzlicher unerlaubter Handlung aus dem Anwendungsbereich von Ausschlussklauseln ausdrücklich ausgenommen werden müssen. Geschieht dies nicht, ist die Klausel, nach den Regeln für vorformulierte Vertragsbedingungen, insgesamt unwirksam und es gilt demzufolge überhaupt keine Ausschlussfrist, auch nicht für einen Teil der Ansprüche, sondern für alle Ansprüche nur die gesetzliche Verjährungsfrist.
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Mindestdauer der Frist
Es liegt auf der Hand, dass die Länge der Frist in einer Ausschlussklausel große Bedeutung hat für die Vertragsparteien. Eine zu kurze Frist benachteiligt unverhältnismäßig. Das Bundesarbeitsgericht hat demzufolge zur Ausschlussklausel entschieden, dass eine Frist für die Geltendmachung von Ansprüchen unter drei Monaten unangemessen kurz ist. Die Folge davon ist, dass die ganze Klausel unwirksam ist. Das gilt auch für zweistufige Klauseln. Hier muss für die Geltendmachung eine Mindestfrist von 3 Monaten gewährt werden, ebenso auf der zweiten Stufe für die gerichtliche Geltendmachung.
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Mindestlohn
Einen Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 BGB sieht das Bundesarbeitsgericht, wenn der gesetzlich garantierte Mindestlohn nicht von der Ausschlussklausel ausgenommen ist. Weil der Mindestlohn gesetzlich garantiert wird, kann eine Ausschlussklausel ihn nicht zum Erlöschen bringen. Die Klausel, die das nicht berücksichtigt, ist insgesamt unwirksam, wenn der Arbeitsvertrag nach dem 31. Dezember 2014 geschlossen wurde.
Ebenfalls unwirksam ist die gesamte arbeitesvertragliche vorformulierte Klausel zur Ausschlussfrist, wenn vorgesehen ist, dass die Geltendmachung „schriftlich“ erfolgen soll. Seit der gesetzlichen Neuregelung in § 309 Nr. 13b BGB darf die Ausschlussfrist auf der ersten Stufe die Erklärung nur „in Textform″ verlangen.
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur schriftlichen Geltendmachung
Das Fortschreiten der Entwicklung der Kommunikationsmittel bringt mit sich, dass rechtliche Regelungen an die tatsächlichen Gegegenheiten angepasst werden müssen. Nachdem immer mehr Kommunikation z.B. über Email erfolgt, ist es nicht mehr zeitgemäss, wenn eine Ausschlussfrist ausdrücklich auf eine schriftliche Geltendmachung besteht.
Deshalb hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass die gesamte arbeitsvertragliche vorformulierte Klausel zur Ausschlussfrist unwirksam ist, wenn verlangt wird , dass die Geltendmachung „schriftlich“ erfolgt. Seit der gesetzlichen Neuregelung in § 309 Nr. 13b BGB darf die Ausschlussfrist auf der ersten Stufe die Erklärung nur „in Textform″ verlangen.
1. Was sind Ausschlussfristen?
Als Ausschlussfrist wird eine Frist bezeichnet, nach deren Ablauf Ansprüche erlöschen, wenn sie nicht rechtzeitig geltend gemacht werden. Sie sind im Arbeitsrecht weit verbreitet.
2. Was ist der Unterschied zur Verjährungsfrist
Der Unterschied zwischen Ausschlussfrist und Verjährungsfrist besteht darin, dass die Verjährungsfrist dem Schuldner lediglich eine Verteidigungsmöglichkeit gegen den Anspruch gibt, währenddessen die Ausschlussfrist den Anspruch zum Erlöschen bringt. Die Verjährung ist vor Gericht nur maßgeblich, wenn sich der Schuldner darauf beruft. Die Ausschlussfrist hingegen wird von Amts wegen berücksichtigt.
3. Welche Ausschlussklauseln gibt es?
Es gibt einstufige Klauseln, die nur eine Frist (in der Regel 3 Monate) vorsehen, in der Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis geltend gemacht werden müssen, da sie sonst verfallen. Daneben gibt es zweistufige Klauseln, die zusätzlich eine gerichtliche Geltendmachung nach Ablehnung des Anspruchs erfordern.
4. Welche Ansprüche werden von Ausschlussklauseln erfasst?
Grundsätzlich werden alle Ansprüche, die aus einem Arbeitsverhältnis entstehen können, von Ausschlussfristen erfasst. Nicht ausgeschlossen werden können Haftungsansprüche wegen Vorsatz. Ebenso wenig können gesetzlich unverzichtbare Ansprüche von Ausschlussfristen erfasst werden, wie zum Beispiel der Mindestlohnanspruch.
5. Was ist der Unterschied zwischen einstufiger und zweistufiger Ausschlussklausel?
Bei der einstufigen Ausschlussfrist verfallen Ansprüche, wenn sie nicht innerhalb einer bestimmten Frist gegenüber der anderen Vertragspartei geltend gemacht werden. Bei der zweistufigen Ausschlussfrist schließt sich an die Frist zur Geltendmachung eine Klagefrist an. Üblicherweise wird bestimmt, dass innerhalb einer bestimmten Frist Klage zu erheben ist, wenn sich der Vertragspartner zur Geltendmachung nicht äußert oder den Anspruch ablehnt.
6. Welche Mindestfristen gelten für Ausschlussklauseln?
Für eine Ausschlussfrist im Arbeitsvertrag über die schriftliche Geltendmachung des Anspruchs bzw. der Geltendmachung in Textform gilt eine Mindestfrist von drei Monaten. Für die Frist zur gerichtlichen Geltendmachung bei der zweistufigen Ausschlussfrist gilt eine Mindestfrist von drei Monaten.
7. Ist eine Ausschlussklauseln von weniger als drei Monaten wirksam?
Wenn eine Ausschlussfrist für die Geltendmachung weniger als drei Monate vorsieht, ist die gesamte Ausschlussfrist unwirksam wegen eines Verstoßes gegen § 307 BGB.
8. Anwalt zur Geltendmachung des Anspruchs bei Ausschlussklauseln?
Bei einem auf Zahlung gerichteten Anspruch soll durch die Geltendmachung innerhalb der Ausschlussfrist der Schuldner die Berechtigung des Anspruchs prüfen können. Zu diesem Zweck muss der Anspruch grundsätzlich nach Grund und Höhe geltend gemacht und Zahlung verlangt werden. Weil hier Fehler unterlaufen können, raten wir einen Anwalt einzuschalten.
9. Ist immer eine schriftliche Geltendmachung notwendig?
In den meisten Klauseln wird eine schriftliche Geltendmachung verlangt. Hier gab es aber eine Neuregelung, wonach eine Geltendmachung in Textform ausreichen soll. Allerdings gibt es hier eine Übergangsregelung. Damit Sie hier keine Risiken eingehen und Ihnen keine Fehler unterlaufen, empfehlen wir Ihnen dringend einen Anwalt einzuschalten, wenn es bei Ihnen um die Geltendmachung Ihrer Ansprüche geht.
10. Gelten die Mindestfristen von drei Monaten für Tarifverträge?
Die Mindestfristen von drei Monaten gelten nicht für Tarifverträge, weil Tarifverträge der AGB-Kontrolle nach § 310 Abs. 4 Satz 3 BGB entzogen sind.
FAQ - Fragen & Antworten
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