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Aktuelles im Arbeitsrecht

Selbstbestimmungsrecht spiritueller Gemeinschaft - Mindestlohn

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Autor: Dr. Michael Thorn, 23.10.2023

Das verfassungsrechtliche Selbstbestimmungsrecht von Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften kann nur von einem Verein mit einem hinreichenden Maß an religiöser Systembildung und Weltdeutung in Anspruch genommen werden.

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Selbstbestimmungsrecht von Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften und Mindestlohn

Selbstbestimmungsrecht spiritueller Gemeinschaft - Mindestlohn: Das Selbstbestimmungsrecht von Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften steht im Arbeitsrecht nur einem Verein mit einem hinreichenden Maß an religiöser Systembildung und Weltdeutung zu. Weist der Verein dies nicht auf, kann er mit seinen Mitgliedern nicht vereinbaren, außerhalb eines Arbeitsverhältnisses fremdbestimmte, weisungsgebundene Arbeit in persönlicher Abhängigkeit zu leisten, es sei denn, diese Mitglieder genießen einen Schutz vergleichbar mit dem eines Arbeitnehmers.


Der Beklagte ist ein gemeinnütziger Verein, der sich der Volksbildung durch Yoga und verwandte Disziplinen sowie der Religionsförderung widmet. Er bietet Kurse, Workshops und Seminare in seinen Einrichtungen an. Mitglieder, bekannt als Sevakas, leben gemäß der indischen Ashram-Tradition und widmen sich der Yoga Vidya Lehre. Sie führen verschiedene Dienste aus, wie Kochen, Gartenarbeit und Yogaunterricht. Im Gegenzug erhalten sie Unterkunft, Verpflegung und ein monatliches Taschengeld iHv. bis zu 390,00 Euro, bei Führungsverantwortung bis zu 180,00 Euro zusätzlich. Zudem sind sie sozialversichert und bekommen eine zusätzliche Altersvorsorge.


Die Klägerin, eine Volljuristin, arbeitete vom 1. März 2012 bis 30. Juni 2020 als Sevaka im Yoga-Ashram des Beklagten und führte verschiedene Tätigkeiten aus. Sie behauptet, es habe ein Arbeitsverhältnis bestanden und fordert ab dem 1. Januar 2017 einen gesetzlichen Mindestlohn von 46.118,54 Euro brutto für 42 Wochenstunden.


Der Beklagte argumentierte, dass die Klägerin ihre Dienste als Mitglied einer hinduistischen Gemeinschaft und nicht im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses erbracht habe. Er berief sich auf die Religionsfreiheit und das Selbstbestimmungsrecht, welche es erlaubten, eine geistliche Gemeinschaft zu bilden, in der Mitglieder gemeinnützige Dienste außerhalb eines Arbeitsverhältnisses erbringen.



Entscheidung des Arbeitsgerichts zum Mindestlohn

Das Arbeitsgericht gab der Klage der Klägerin statt, aber das Landesarbeitsgericht wies sie auf Berufung des Beklagten zurück.


Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts

Beim Bundesarbeitsgericht indes war die Klägerin erfolgreich. Sie wurde als Arbeitnehmerin des Beklagten anerkannt und hat Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn nach § 1 Abs. 1 iVm. § 22 Abs. 1 Satz 1 MiLoG. Ihre Tätigkeiten waren vertraglich festgelegt und damit im Sinne von § 611a Abs. 1 BGB zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet. Der Arbeitnehmereigenschaft stehen weder die besonderen Gestaltungsrechte von Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften noch die Vereinsautonomie des Art. 9 Abs. 1 GG entgegen.Der Beklagte kann sich nicht als Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft definieren. Trotz seiner breiten Bezugnahme auf verschiedene Lehren und Praktiken in seiner Satzung fehlt ein klarer religiöser oder weltanschaulicher Kontext.Die durch das Grundgesetz geschützte Vereinsautonomie erlaubt nicht die Umgehung von arbeitsrechtlichen Schutzbestimmungen. Dazu gehört der gesetzliche Mindestlohn, der nicht durch Kost und Logis reduziert werden darf, da er zur Sicherung des Lebensstandards dient als Ausdruck der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG).


Hinweis: Der Neunte Senat konnte nicht endgültig über den Mindestlohnanspruch der Klägerin urteilen und hat daher den Fall an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.


Quelle: Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts vom 25.04.2023  

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25. April 2023 – 9 AZR 253/22 –

Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 17. Mai 2022 – 6 Sa 1249/21 –

Mindestlohn im Arbeitsrecht

Die Begriffe "Mindestlohn" bzw. "Mindestlohnanspruch" beschreiben das gesetzliche Recht eines Arbeitnehmers, einen Mindestlohn für seine Tätigkeit zu erhalten. Der Mindestlohn wird durch gesetzliche Bestimmungen (Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns (Mindestlohngesetz - MiLoG) am 1. Januar 2015 in Kraft getreten) und Tarifverträge festgelegt und dient dazu, sicherzustellen, dass Arbeitnehmer eine angemessene Bezahlung für ihre Arbeit erhalten. Der Mindestlohn ist ein festgelegter Geldbetrag pro Arbeitsstunde. Dieser Betrag kann sich im Laufe der Zeit ändern, wenn entsprechende gesetzliche Änderungen vorgenommen werden.


Arbeitnehmer haben Anspruch auf Mindestlohn, unabhängig von ihrer Tätigkeit oder Branche. Arbeitgeber sind verpflichtet, sicherzustellen, dass ihre Mitarbeiter mindestens den gesetzlichen Mindestlohn erhalten. Verstöße gegen diese Regelungen können zu rechtlichen Konsequenzen für die Arbeitgeber führen.

Mindestlohn gilt nicht nur für Vollzeitbeschäftigte, sondern auch für Teilzeitkräfte, geringfügig Beschäftigte und Praktikanten, sofern sie nicht von bestimmten Ausnahmeregelungen erfasst sind.

Hinweis Dieser Beitrag dient nur zu Informationszwecken und stellt keine rechtliche Beratung dar. Bei konkreten Rechtsfragen sollten Sie immer einen Anwalt für Arbeitsrecht konsultieren, um eine individuelle und fundierte Beratung zu erhalten.

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